Gedanken zur Nachfolgeregelung in Klein- und Mittelunternehmen (KMU)

Irgendwann wird die Regelung der Nachfolge in jedem KMU zum Thema. Gesamtschweizerisch kann man davon ausgehen, dass die ca. 600’00 Unternehmen dieser Grössenklasse mindestens alle 30 Jahre ihre Nachfolge neu bestellen müssen, also 20'000 pro Jahr. Längst hat sich hier ein Riesen-Markt gebildet: Merger&Acquistions (M&A) Berater, Anwälte, Banken, spezialisierte Treuhänder und andere buhlen um lukrative Mandate.

von Klaus Haake

 

In Schweizer KMUs wird die familien-interne Übergabe favorisiert. Aus eigener Erfahrung hegen viele Gründer-Unternehmer die Hoffnung, ihr Lebenswerk an die nächste Generation zu übergeben.

«Wollen, können und dürfen» verdienen hierbei Beachtung. Unternehmer sollten zu aktiven Zeiten darauf achten, wie sie über die eigene Unternehmung im Familienkreis berichten: Wer beim Mittagstisch eher die Mühsal des Unternehmertums zelebriert, muss sich nicht wundern, wenn die Nachkommen nicht wollen. Die Sicherung des Lebenswerks in der Familie ist ein verständlicher Wunsch, die Qualifikation der Nachfolger darf aber nicht aus den Augen verloren gehen. Erfreulicherweise ist die berufliche und tertiäre Ausbildung, der möglichen Unternehmer, heute deutlich besser denn je. Das «Können» sollte, wenn immer möglich, durch einige Berufsjahre ausserhalb der Familienunternehmung angereichert werden. Der par force Ritt in der eigenen Firma von der Spedition über die Buchhaltung in die Geschäftsleitung, und das innerhalb eines Monats, ist fraglich und wird von der Belegschaft oft mit Argwohn beobachtet. Konnte eine familieninterne Nachfolge aufgegleist werden, bleibt schliesslich das «Dürfen»: Übergebende sind gut beraten, wenn die Übergangsfrist an die Jungen nicht zu lang ist und wenn diese auch durch symbolische Handlungen, etwa die Räumung des Chefbüros, unterstützt wird.

Wohl kaum eine Übergabe, egal welcher Art, geht ganz ohne Berechnung des Unternehmenswerts. «Multiples» (3-5x EBITDA, 5-7x EBIT), «Praktikerformel» (gewichtete Summe aus Ertrags- und Substanzwert) und die dcf (discounted cash flow) Methode sind die gängigsten Verfahren. Während multipes einen ersten, groben Richtwert ergeben können, erweist sich die dcf Methode aufgrund zahlreicher nötiger Annahmen in nicht börsenkotierten KMUs oftmals als schwer anwendbar. Die Praktiker-Methode hat sich in der Schweizerischen KMU-Landschaft am meisten durchgesetzt.

Mitunter wird kontrovers diskutiert, ob familieninterne Nachfolge finanziell vervorteilt werden können und dürfen; immerhin übernehmen sie Vermögensbestandteile, die in der Regel risikobehafter sind als beispielsweise Immobilien oder Barvermögen. Wer sich für diesen Weg entscheidet, ist gut beraten, mit der gesamten Familie einen Ehe- und Erbvertrag zu schliessen.


Einige Empfehlungen aus der Beratungspraxis:

  1. Grundsätzlich sollte der Kaufpreis durch die neuen Eigner innert fünf bis sieben Jahren refinanziert werden können. Längere Laufzeiten erschweren die Entwicklung der übernommenen Firma.
     
  2. «Schwere» Unternehmen führen erfahrungsgemäss zu kleineren Interessentenkreisen. Man ist gut beraten, bereits lange vor der Übergabe den späteren Verkaufspreis «verdaubar» zu machen. Dividendenzahlungen, auch Substanzdividenden sind gängige Verfahren. Darüber hinaus sollten Unternehmer dafür besorgt sein, ihre private Schatulle zu äufnen: der konsequente Aufbau der zweiten und dritten Säule ist ein Muss, der Split zwischen Betriebs- und Immobilien-Unternehmung prüfenswert.
     
  3. Es ist darauf zu achten, Betriebsimmobilien, wenn immer möglich, auch branchenfremd nutzbar zu konzipieren, ansonsten ihr späterer Wert empfindlich tiefer sein könnte. Die moderne Finanztheorie stellt ohnehin infrage, ob Betriebsimmobilien eigentlich «betrieblich bedingtes Vermögen» darstellen. Was zunächst paradox klingt, zeigt immerhin die Möglichkeit auf, betrieblich genützte Immobilien eventuell besser zu mieten als zu besitzen.
     
  4. Verkäuferdarlehen zur Finanzierung stellen für den Veräusserer ein nicht zu unterschätzendes Langfristrisiko dar: Nicht wenige alt-Unternehmer mussten Jahre nach der Übergabe Teile ihrer Forderung abschreiben, und, im dümmsten Fall wieder selber «in die Hose».  Wenn immer möglich sollte es Aufgabe der Käufer sein, für die Finanzierung ihrer Unternehmertätigkeit zu sorgen.
     
  5. Einigkeit besteht gemeinhin darin, dass die Regelung der Nachfolge in KMU eine der letzten, grossen Entscheidungen in einem Unternehmerleben darstellt. Gute Lösungen berücksichtigen das Interessendreieck Verkäufer, Käufer und  Firma selber, vor allem deren Angestellten. Es lohnt sich, hierfür genügend Zeit einzuräumen: Mindestens fünf Jahre vorher sollte man dazu klare Vorstellungen entwickelt haben.

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Prof. Dr. Klaus Haake begleitet seit Jahrzehnten erfolgreich Unternehmen im DACH-Raum in Verwaltungs,-Aufsichts- und Beiräten. Direkt +41 71 243 04 65, klaus.haake@hsp-con.ch