Aktive Verwaltungsräte in Klein- und Mittelunternehmen (KMU)

Bekanntlich stellt der Verwaltungsrat von Gesetzes wegen die oberste Geschäftsleitung einer Aktiengesellschaft dar. In der Praxis von Klein- und Mittelunternehmen wird dies jedoch oftmals nicht so strikt gehandhabt. Nach unserer Erfahrung kann aber auch dieser Betriebstyp von einem aktiven Verwaltungsrat profitieren, wenn einige zentrale Grundsätze beachtet werden.

von Prof. Dr. Klaus Haake, St. Gallen

 

Richtige Zusammensetzung
Wenn es gelingt, «komplementäres» Wissen in den VR zu bringen, ist man auf dem richtigen Weg; neben den klassischen Grundfunktionen Markt, Finanzen, Produktion und Recht nimmt der Stellenwert der Informationstechnologie und neuerdings der Künstlichen Intelligenz an Bedeutung zu. Experten sind überzeugt, dass in wenigen Jahren fundierte IT-Kenntnisse in diesem Leitungsgremium unabdingbar sind. Neuzeitlich geführte KMUs achten auch auf eine ausgewogene Geschlechter-Zusammensetzung.

Kader-Mitarbeiter in den VR?
Hierbei sollte man Vorsicht walten lassen, denn das Know-How dieser Mitarbeitenden ist durch deren Anstellung bereits «im Haus»; in nicht börsenkotierten Unternehmen, im KMU der Normalfall, generieren Kauf und Verkauf von Aktien einen nicht unerheblichen, formellen Aufwand. Die Ausnahme von dieser Regel liegt im Vorspuren von Nachfolgelösungen.

Amtszeit-Beschränkungen
Ein heikles Thema. Erfahrungsgemäss lässt der verwertbare Input, vor allem externer Verwaltungsräte, über die Zeit nach. Management-Gurus sprechen sich daher für eine Amtszeitbeschränkung aus, die vorgängig schriftlich fixiert werden sollte. So kommt es nicht zu Missstimmung, wenn ein Mandat ausläuft; einer Verlängerung im Einzelfall steht dann nichts entgegen. Auch Altersbeschränkungen, vielleicht gar statutarisch festgehalten, kommen in Betracht; so kann, auch im Familienunternehmen eine agile Führung begünstigt werden.

Kompetenzregelung
Wenn VR und Geschäftsleitung nicht identisch sind, braucht es zwingend ein «Organisationsreglement». Neben dieser formellen Anforderung ist es sinnvoll, die Erwartungen an die Verwaltungsräte vorgängig zu definieren; dies reicht in der Praxis vom «Sparringspartner» und «kritischem Geist» bis zur aktiven Wahrnehmung bestimmter Funktionen, wie zum Beispiel Unterstützung in der Akquisition, Einbringen von spezifischem Fachwissen bis hin zur aktiven Wahrnehmung gewisser Aufgaben nach dem Ressortprinzip.

Sitzungsrhythmus und Inhalte
Zumeist tagt der VR viermal pro Jahr und behandelt in halbtägigen Sitzungen vordefinierte Themen. Die erste Sitzung des Jahres ist oftmals der Abschlussgestaltung gewidmet, die letzte der Budgetierung. Zwei weitere können für Spezialthemen verwendet werden.

Führung des Verwaltungsrats
Auch dieses Gremium bedarf der Führung, in der Regel durch das Präsidium. Ein inhaltliches Jahresprogramm, die Definition von Standardtraktanden, gut durchdachte Einladungen/Sitzungsprogramme mit straffem Zeitplan und ein aussagekräftiges Protokoll sind hierbei hilfreich. Sehr empfehlenswert ist, insbesondere bei Einsatz externer Personen, deren Integration in den Kommunikationsfluss der Unternehmung: Nichts ist unsäglicher, als der Missbrauch von VR-Sitzungen für das «update» der Verwaltungsräte.

Haftung
Grundsätzlich gelten Verwaltungsräte als «Organe» der AG und sind im verschuldeten Schadensfall persönlich haftbar. Zwar sind in der Schweizerischen Rechtslandschaft bislang erst wenige Schadenfälle bekannt geworden, trotzdem kann eine «Organhaftpflicht-Versicherung», auch «Directors & Officers» genannt, hier Sicherheit vermitteln.

Entschädigung
Hier wird eine grosse Bandbreite praktiziert: Oftmals verzichten Verwaltungsräte in familiengeführten KMUs gänzlich auf ein Honorar, insbesondere Externe machen ein Honorar geltend – und haben es auch verdient, wenn sie Nutzen stiften. Je nach erbrachter Leistung werden entweder Jahrespauschalen (CHF 10'000 bis CHF 30'000 pro Verwaltungsrat, wobei das Präsidium einen Zuschlag erhalten kann) oder entsprechende Sitzungspauschalen ausgerichtet. Dabei hat es sich eingebürgert, dass umfangreiche Zusatzaufgaben, wie beispielsweise die Erarbeitung einer Unternehmensstrategie o.ä., separat entschädigt werden.

Interessiert?

 

Prof. Dr. Klaus Haake begleitet seit Jahrzehnten erfolgreich Unternehmen im DACH-Raum in Verwaltungs-, Aufsichts- und Beiräten. klaus.haake@hsp-con.ch